Das Festzuschußsystem für Zahnersatz bei Versicherten der Gesetzlichen Krankenkassen

Historischer Abriß

1975
Im westlichen Teilstaat wird die Versorgung mit Zahnersatz zur Sachleistung der Gesetzlichen Krankenkassen,
nachdem das Bundessozialgericht im Jahre 1974 festgestellt hatte, daß fehlenden Zähnen ein Krankheitswert zukomme.
Der BEMA- Z 1962 (Erläuterung siehe unten) wird um den Teil 5 ergänzt: Leistungsbeschreibung für die Anfertigung von Kronen, Brücken und herausnehmbaren Prothesen.
Kurz darauf, vermutlich als Reaktion auf die neuen Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen im Westen, zieht der Osten nach: In einem gemeinsamen Beschluß des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes als Träger der Sozialversicherung, der Staatlichen Versicherung der DDR und des Ministerrates der DDR aus dem Jahre 1975 wird ab 1976 auch im Osten Zahnersatz für Patienten "zuzahlungsfrei".
Sehr schnell wird in beiden deutschen Staaten klar, daß der Bedarf riesig ist und sämtliche Ausgabenplanungen weit übertroffen werden.

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Im Osten entstanden sofort lange Wartezeiten für die Zahnersatzversorgung selbst mit Plastprothesen; Kronen, Brücken und Modellgußprothesen etwa waren nur einer kleinen Minderheit von Patienten zugänglich, zumeist den persönlichen Bekannten der Leiter der zahnärztlichen Polikliniken und "nützlichen" Patienten, insbesondere Handwerkern.
Als Engpässe für Metallarbeiten erwiesen sich neben den Kapazitäten der zahntechnischen Laboratorien auch die Materialien selbst: Gold mußte vom Patienten fast immer selbst beigebracht werden, nur in Ausnahmefällen konnte gegen sehr hohe Gebühren auf ein äußerst begrenztes Goldbudget zurückgegriffen werden.

(Beispiel: Für eine dreigliedrige Goldbrücke (ein zu ersetzender Zahn und zwei Pfeiler) konnte die Zahlung für das Zahngold leicht 700,- M betragen - und das bei einem noch zumeist darunter liegenden Monatslohn!)

Die Zuteilung der zuzahlungsfreien Silber- Palladium- Legierung (Sipal) an die Labore hingegen war fast immer schon wenige Tage nach Lieferung aufgebraucht. Völlig klar war daher, daß selbst bei jungen Patienten die Anfertigung mehrerer Brücken nicht in Frage kam, Plastprothesen, die eigentlich nur als Provisorium hätten eingegliedert werden dürfen, wurden zur permanenten Versorgung; durch die Schädigung der verbliebenen Zähne kam es rasch zu weiterem Zahnverlust, und an die Plastprothese wurden die zu ersetzenden Zähne angefügt ...    

Zu grundlegenden Reformen kam es in der noch verbleibenden Restlaufzeit der DDR nicht mehr, da die Verwaltung des Mangels stets den Verantwortlichen vor Ort überlassen wurde.
(Die auch die Zahnmedizin betreffende "Aktion Rudi" kann kaum als Reform bezeichnet werden: In der Nacht vom 10. auf den 11. April 1980 wurde der Goldpreis von 33,67 M auf 250,- M pro Gramm Feingold angehoben (dessen Privatbesitz aber in der DDR ohnehin untersagt war; wer etwa von der Oma in den Osten geschmuggeltes Feingold an die Staatliche Münze der DDR mit der Bitte um Umtausch in eine goldhaltige Dentallegierung schickte, bekam als Antwort statt des erhofften Edelmetalls einen Brief, in dem lapidar mitgeteilt wurde, der Privatbesitz von Feingold sei in der DDR verboten, daher sei das eingeschickte Gold einbehalten worden, von einer Strafverfolgung werde man zunächst großzügigerweise absehen ), analog wurde der Preis für Golddentallegierungen angehoben und der Preis für Feinsilber von 0,28 M auf 6,50 M pro Gramm. Die Wertsteigerungsdifferenz mußte von den jeweiligen Besitzern von Vorräten (Goldschmiede, niedergelassene Zahnärzte, von denen es zu diesem Zeitpunkt immer noch einzelne gab) nachversteuert werden.  Da die Feilung für den Füllwerkstoff Silberamalgam als Hauptbestandteil Silber enthält, verteuerten sich damit auch die Amalgamfüllungen erheblich, immer öfter kam es ab diesem Zeitpunkt auch zu Engpässen bei diesem Füllwerkstoff.)

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1977
Der BEMA- Z 1977 (Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen) löst den BEMA-Z 1962 ab. Neben den bereits ab 1975 aufgenommenen Zahnersatzleistungen wird der neue BEMA- Z um weitere Zahnersatzleistungen ergänzt: Kombinationsarbeiten aus festsitzendem und herausnehmbarem Zahnersatz werden Kassenleistung, des weiteren Schienungsmaßnahmen, Metallkeramik und Langzeitprovisorien.
Die Krankenkassen erheben nun den Anspruch, alle wesentlichen zahnmedizinischen Leistungen wären nun ihre Sachleistung. Da die Aufnahme gnathologischer Leistungen in den BEMA- Z jedoch nicht gelingt, werden diese in der Folge zumeist von Kassenmitarbeitern als unnötig bezeichnet. 
(Da etwa 90% der Bundesbürger gesetzlich krankenversichert sind, stellt dieser Bewertungsmaßstab nun die Grundlage für den überwiegenden Teil der Honorarumsätze der Kassenzahnärzte dar.
Im Jahre 1962 wurde der BEMA- Z zunächst für konservierende und chirurgische Leistungen in Anlehnung an die Preußischen Gebührenordnung für Zahnärzte aus dem Jahre 1924 geschaffen. Im Jahre 1966 wurde er ergänzt um kassenzahnärzliche Leistungen bei Erkrankungen und Verletzungen des Gesichtsschädels und der Kiefer, im Jahre 1972 kamen kassenzahnärztliche kieferorthopädische Leistungen hinzu, 1974 Leistungen zur Behandlung von Parodontopathien.)
  

Zwei Jahre zuvor waren die Warnungen nüchtern analysierender Vertreter der Zahnärzte aus den Kammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zur unkalkulierbaren Ausweitung der kassenzahnärztlichen Leistungen verhallt. Allein der "Goldverbrauch auf Krankenschein" für Zahnersatz lag in nur einem Jahr seit Inkrafttreten der neuen Zahnersatzsachleistungen höher, als in den Jahrzehnten seit Gründung der Bundesrepublik zusammengenommen. Kassenvertreter beschieden den Vertretern der zahnärztlichen Körperschaften des öffentlichen Rechtes, darum hätten sie sich nicht zu kümmern, verfolgten doch die Krankenkassen in diesen Jahren die ausgabenorientierte Einnahmepolitik.
Die Jahre 1975/76 waren es auch, die den Mythos von den Zahnärzten als Spitzenverdienern hervorbrachten.

Als schließlich die Krankenkassen feststellen mußten, daß ihr System der ausgabenorientierten Einnahmepolitik binnen kürzester Zeit vollends aus dem Gleichgewicht geraten war, begann man, die Hilfe der Politik zur Ausgabenbegrenzung zu suchen: Im Rahmen der K- Gesetze, der Kostendämpfungsgesetze wurden eine Eigenbeteiligung der Patienten bei Zahnersatz in Höhe von 20% der zahntechnischen Leistungen und eine Festbetragsregelung für Edelmetall in Höhe von 15,- DM für jede Krone und jedes Zwischenglied eingeführt.

Der Ortskrankenkassentag 1977 markierte zugleich den Übergang der Krankenkassen zur einnahmeorientierten Ausgabenpolitik.
Konnte an der Notwendigkeit der teilweisen Wiedereinführung von Marktmechanismen bei der Versorgung mit Zahnersatz nicht der geringste Zweifel bestehen, so gingen die Forderungen des Ortskrankenkassentages jedoch weit darüber hinaus, beinhalteten sie doch nichts weniger, als daß den Zahnärzten die Therapiefreiheit aus den Händen genommen werden sollte. In kleinen Schritten, jedoch über Jahrzehnte, kam man seitens der Krankenkassen beständig diesem Ziel näher.
Immer öfter sollte es in der Folge vorkommen, daß Kostenpläne von den Krankenkassen nicht genehmigt wurden, teilweise mit abenteuerlichen bürokratischen Begründungen.

1981
Auf Betreiben der Gesetzlichen Krankenkassen erfolgt eine Umstrukturierung des BEMA- Z. Angeblich kostenneutral werden Zahnersatzleistungen abgewertet, Zahnerhaltungsmaßnahmen hingegen aufgewertet.

1982
Der Eigenanteil der Patienten für zahntechnische Leistungen bei noch immer voller Übernahme des zahnärztlichen Honorars steigt auf 40%.

1986
Zahnersatz soll nur noch nach den Kriterien "ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich" Kassenleistung sein, darüber hinausgehende Wünsche soll der Patient allein tragen. Norbert Blüm formulierte es so: "Wenn der Versicherte Zahnersatz mit Rädchen am letzten Backenzahn wünscht, soll er es selbst bezahlen."
Die AOK Rheinland- Pfalz führt als erste ein Begutachtungswesen ein, "um unnötige Kosten zu Lasten der Krankenkasse zu vermeiden."

Der Bewertungsmaßstab (BEMA-Z 1986) für Kassenleistungen der Gesetzlichen Krankenkassen löst den BEMA-Z 1977 ab. Zahnersatzleistungen und kieferorthopädische Leistungen werden in der Honorarhöhe erneut deutlich abgewertet, Zahnerhaltungsmaßnahmen hingegen geringfügig aufgewertet. Eine Reduzierung des Gesamthonorarvolumens von 6% ist die Folge. Erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik kommt es deshalb zu Streiks unter den Zahnärzten. 
"Kassenschlappen für Kassenpatienten" titelt "Der Spiegel", da es aufgrund der Honorarabsenkungen für Zahnersatzleistungen unter den Vertragszahnärzten vereinzelt Bestrebungen gibt, höherwertigen Zahnersatz privat zu liquidieren.   

1988
Die private Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ 1988) löst die Gebührenordnung aus dem Jahre 1965 ab. (Davor galt in beiden Teilen Deutschlands die Preußische Gebührenordnung aus dem Jahre 1924. Aus jener ging im Westen Deutschlands im Jahre 1962 der erste Bewertungsmaßstab der Gesetzlichen Krankenkassen (BEMA-Z 1962 hervor.) Entgegen den Erwartungen der Zahnärzteschaft kam es zu keiner Gebührenanpassung; das finanzielle Gesamtvolumen aller Privatleistungen des Jahres 1987 nach der GOZ 1965 wurde als Grundlage zur Aufteilung der Vergütung für die einzelnen Leistungen der GOZ 1988 herangezogen. Neu hinzugekommene Leistungen drückten daher die Einzelleistungsvergütung der alten Leistungen nach unten.

1989
Das Gesundheitsreformgesetz (GRG) unter der Federführung von Norbert Blüm als Minister für Arbeit und Soziales, zuständig zugleich für das Gesundheitswesen, tritt in Kraft. Der Eigenanteil der Patienten für Zahnersatz wird auf 50% für Zahntechnikleistungen und Zahnarzthonorar festgelegt, was nahezu eine Verdoppelung der Patientenanteile bedeutet. Auch für Edelmetalle wird der Zuschuß pro Teil auf 7,50 DM gekürzt. Eine einkommensabhängige Härtefallregelung und eine Bonusregelung werden eingeführt. Bei lückenlosem Nachweis von mindestens fünf jährlichen Kontrolluntersuchungen steigt der Krankenkassenzuschuß auf 60%, bei zehn jährlichen Untersuchungen auf 65%. (Diese Bonusregelung hat im Grundsatz auch noch im Jahre 2013 Bestand.) Fünf jährliche Untersuchungen werden zunächst bei jedem Patienten nachweisfrei anerkannt, so daß zunächst der Kassenzuschuß stets mindestens 60% beträgt.
Da die Maßnahmen im Vorfeld in den Medien ausführlich diskutiert werden, kommt es im Jahre 1988 zum "Blüm- Bauch": Ein Großteil der geplanten Einsparungen bei den Krankenkassen wird bereits im Vorfeld zunichte gemacht durch verstärkte Inanspruchnahme von Zahnersatzleistungen.

1991
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands werden die Strukturen des Gesundheitswesens der alten Bundesrepublik unverändert auf das Beitrittsgebiet übertragen, allerdings fallen die Vergütungen für die Ärzte und Zahnärzte im Osten zunächst viel geringer aus, zu Anfang betragen sie im Bereich der Gesetzlichen Krankenkassen etwa 65% des Niveaus der alten Bundesländer, im privaten Bereich beträgt der Ostabschlag der Gebührenordnung für Zahnärzte sogar zunächst 65%, ab 1991 40%.
Um dem Nachholebedarf gerecht zu werden, soll der Kassenzuschuß für Zahnersatz im 1. Halbjahr 1991 80% betragen. Diese Frist wird später bis Mitte 1992 verlängert, danach beträgt der Kassenzuschuß 60%, da man wie zuvor in den alten Bundesländern allen Versicherten einen Fünfjahresbonus anerkennt.

Um die Mengenentwicklung zu begrenzen, machen Vertreter der Zahnärzteschaft zum ersten Mal den Vorschlag, Vertrags- und Wahlleistungen im Zahnersatzbereich einzuführen, was von der Politik jedoch rundheraus abgelehnt wird. "Zahnärzte wollen Kassenpatienten künftig schlechter behandeln" lautet die Schlagzeile in der Bildzeitung dazu.
(Schon zu dieser Zeit konnte jedem Beobechter des Geschehens deutlich werden, daß der Einfluß von Vertretern der Zahnärzteschaft auf die Politik sich immer auf Nullinienniveau bewegen würde. Der "Einfluß der Lobbyisten" war stets, was die Zahnmedizin betraf, eine reine Erfindung der Medien.)

1993
Obwohl Deutschland von einer bürgerlichen Koalition aus CDU/CSU und FDP regiert wird, vereinbaren CDU/CSU und SPD unter Umgehung der FDP in Lahnstein einen Kompromiß zum Gesundheitswesen, der als "Gesundheitsstrukturgesetz" (GSG) untrennbar mit dem Namen Seehofer verbunden ist. Die Beratungen unter Ausschluß der Öffentlichkeit geben Anlaß zu wilden Spekulationen über Privatisierungsmaßnahmen im Gesundheitswesen; das Verweigern einer Übergangslösung bei Zahnersatz über den Jahreswechsel 1992/93 hinaus läßt den "Seehofergipfel" des 2. Halbjahres 1992 weitaus niedriger wachsen als seinerzeit im Jahre 1988 den "Blüm- Bauch".

Auswirkungen der Beschlüsse im Bereich Zahnmedizin:
-Absenkung der Honorare für Zahnersatz um 10%, für zahntechnische Leistungen um 5% für ein Jahr. (Nach 1994 und 1995 ausgebliebener Wiederanhebung ließ im Jahre 1996 schließlich Seehofer per Gerichtsbeschluß feststellen, daß die Absenkung von Dauer sein sollte.) 
-Absenkung der Honorare für kieferorthopädische Leistungen um 20%.
- Einführung von Budgetobergrenzen für konservierend- chirurgische Leistungen, parodontaltherapeutische Leistungen etc.; nach deren Ausschöpfung sollte bis zum Ende des Jahres keinerlei Vergütung mehr für erbrachte Leistungen erfolgen. (Diese Budgets haben auch im Jahre 2013 noch Bestand.)
- Einführung der Degression: Ab einer bestimmten Leistungsmenge sollten weitere Leistungen nur noch mit Abschlägen vergütet werden. (Diese Regelung wurde von den Vertretern der Zahnärzteschaft ursprünglich als Alternative zu den Budgets vorgeschlagen, Seehofer aber nahm den Vorschlag auf, ohne auf die Budgets zu verzichten. Die Degression wurde zwischenzeitlich im Zahnersatzbereich aufgrund der Einführung der befundbezogenen Festzuschüsse bedeutungslos und daher abgeschafft und gilt im Jahre 2013 nur noch im Sachleistungsbereich, spielt aber dort faktisch keine Rolle mehr, da stets die Budgetierung vorher greift. Allerdings führte in manchen Fällen die Kombination aus Budgetierung und Degression zu der absurden Situation, daß dem Zahnarzt Rückzahlungsverpflichtungen auf Honorare entstanden, die er wegen der Budgetierung gar nicht erhalten hatte.)

-Abstrukturierung im Zahnersatzbereich: Große Brücken zum Ersetzen von mehr als 4 Zähnen pro Brücke im Frontzahn- und mehr als 3 Zähnen im Seitenzahnbereich sind nicht mehr Bestandteil des Leistungskataloges und müssen bei Wunsch vom Patienten komplett privat bezahlt werden; die Zahl der Verbindungselemente (z.B. Teleskop- oder Konuskronen) wird auf 2 pro Kiefer begrenzt, was oftmals zahnmedizinisch fragwürdig ist; sollen mehr als 2 Verbindungselemente angefertigt werden, muß die gesamte Zahnersatzarbeit vom Patienten ohne Kassenzuschuß privat bezahlt werden.  

-Die Rechte der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen werden erheblich eingeschränkt. (Als im Jahre 1992 es sich unter den Kassenzahnärzten herumgesprochen hatte, welch gravierende Auswirkungen das neue Gesetz haben würde, versuchte man, Widerstand in der Form zu organisieren, daß gemeinschaftlich die Kassenzulassung zurückgegeben werden sollte (Korbmodell). Wenn in einem Gebiet 75% der Zahnärzte im "Korb" wären, würde dieser geöffnet, da die verbleibenden Kassenzahnärzte den Sicherstellungsauftrag der zahnärztlichen Versorgung der gesetzlich Versicherten nicht mehr gewährleisten könnten. Die Versicherten wären gezwungen, die neuen "Privatzahnärzte" in Anspruch zu nehmen, deren Liquidationen anschließend von den Gesetzlichen Krankenkassen zu erstatten seien. Seehofer kontert: Zahnärzte, die die Kassenzulassung zurückgäben, blieben für 6 Jahre von der Neuzulassung ausgeschlossen; die Liquidationen dürften für Kassenpatienten nur zum 1,0-fachen Satz der Gebührenordnung erfolgen und würden somit weit unter den Vergütungen des BEMA-Z 1986 liegen. Außerdem würde für eine weitere Gebührenabsenkung in diesem Fall nicht einmal ein Beschluß des Bundestages nötig sein.
Obwohl das Korbmodell schließlich scheitert, da sich nicht genügend Zahnärzte finden, die bereit sind, diese existentiellen Risiken einzugehen, wird im Gesetz daraufhin festgeschrieben, daß bei "renitentem Verhalten" der Vertreter der Kassenzahnärztlichen Vereinigung in den Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen ein Staatskommissar eingesetzt wird, der im Auftrage des Staates mit den Kassen die Verhandlungen führt, also gewissermaßen mit sich selbst.)

Die Verunsicherung von Patienten führt insbesondere im 1. Quartal 1993 bei den Zahnärzten zu massiven Umsatzeinbrüchen.

1995
Die Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen in Niedersachsen scheitern, da die Kassen weitere Kürzungen im Zahnersatzbereich wünschen, teilweise bis minus 30%. Im Bereich der konservierend- chirurgischen Leistungen ist man nicht mehr bereit, definierte DM- Beträge für die einzelnen Leistungen festzulegen, nur über das gesamte Honorarvolumen (Budget) soll noch verhandelt werden, was bedeutet, daß die Zahnärzte erst weit im nächsten Jahr wissen sollen, wie viel Honorar sie für das abgelaufene Jahr erhalten haben. Massive Rückzahlungen aus bereits versteuertem Einkommen drohen.
Die KZVN erklärt den gebührenvertragslosen Zustand, was bedeutet, daß die Versicherten gesetzlicher Krankenkassen nach dem Zahnarztbesuch eine "Kassenrechnung" erhalten, eine Rechnung über die nach BEMA-Z 1986 gültigen Gebühren, die sie zwecks Erstattung bei ihrer Krankenkasse einreichen können. Die niedersächsische Zahnärzteschaft hofft auf diese Weise, die Begrenzung des Gesamthonorarvolumens aushebeln zu können, da über den Weg der Kostenerstattung Gesamthonorarvolumina kaum durchsetzbar erscheinen.
Die niedersächsische Landesregierung unter Gerhard Schröder setzt ab 1.7.1995 einen Staatskommissar ein, der die Honorarverhandlungen mit den Krankenkassen führt. Beide Seiten erkennen in den ersten beiden Juliwochen des Jahres 1995, daß das Beharren auf Maximalpositionen ins Aus führen muß. Es wird die informelle Vereinbarung mit den Krankenkassen erzielt, derartige Eskalationen zukünftig vermeiden zu wollen, auch der Staatskommissar Ignaz Jung- Lundberg selbst ist nicht an weiterer Eskalation interessiert. Die Einsetzung eines Staatskommissars in Niedersachsen bleibt bundesweit der einzige Präzedenzfall, auch in den kommenden Jahrzehnten.

1996
Das Zuzahlungsverbot für Sachleistungen im Bereich von Zahnfüllungen wird aufgehoben. Bei Versorgung eines Defektes mit Inlay oder Kunststoffüllung hat der Patient fortan Anspruch auf die Kassenleistung in Höhe der vergleichbaren Amalgamfüllung.

Da ab 1997 die vollständige Freiheit bei der Wahl der Gesetzlichen Krankenkasse gelten soll, werden bis Jahresende 1996 nahezu alle eingereichten Zahnersatzkostenpläne von den Krankenkassen ohne Gutachterverfahren genehmigt, da man durch Knausrigkeit keine Versicherten zur Konkurrenz abwandern lassen will.

1997   
Seehofer ist der Meinung, daß weitere Einsparungen im ambulanten Gesundheitswesen nicht mehr möglich seien, sie wären mit der Reform von 1993 nach seinen Worten "ausgelutscht". Da dennoch weitere Beitragssteigerungen bei den Gesetzlichen Krankenkassen drohen, kommt er auf den Vorschlag der Vertrags- und Wahlleistungen der Zahnärzteschaft aus dem Jahre 1991 zurück.
Unter Mitarbeit der Vertreter der Zahnärzteschaft, namentlich Karl- Horst Schirbort, wird ein Festzuschußsystem mit 14 Festzuschüssen entwickelt.

Indessen steigt die Inanspruchnahme von Zahnersatzleistungen steil an. Die Kassenzuschüsse sinken zeitweise auf 45%, 55% und 60% in den Bonuststufen "kein Bonus", "Bonus für 5 Jahre regelmäßiger Kontrollen" und "Bonus für 10 Jahre regelmäßiger Kontrollen".
Insbesondere der Kassenzuschuß von 45 % erscheint rechtlich bedenklich, da bei einer überwiegenden Eigenbeteiligung des Patienten am Zahnersatz die Kassen eigentlich kein Recht mehr hätten, den geplanten Zahnersatz hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit zu überprüfen und Patient und Zahnarzt zu bevormunden. Dennoch steigt gegen Jahresende die Zahl der Vorabbegutachtungen aus Wirtschaftlichkeitsgründen stark an.
Härtefällen ohne Bonus wird nur noch ein Kassenzuschuß von 90% gewährt. Nach einer Musterklage muß aber auch ohne Bonus bei Härtefällen die vollständige Kostenübernahme durch die Krankenkassen erfolgen. Nicht alle Kassen halten sich jedoch an das Gerichtsurteil, was zur Folge hat, daß in vielen Härtefällen die Versorgung mit Zahnersatz vollständig unterbleibt, denn auch 10% Eigenanteil können von den betroffenen Patienten in den wenigsten Fällen aufgebracht werden.     

1998
Zahnersatz wird nur noch nach der privaten Gebührenordnung für Zahnärzte von 1988 in Rechnung gestellt; sofern es für die Leistungen Festzuschüsse gibt, dürfen die Steigerungssätze maximal das 1,7fache betragen (üblich ohne zusätzliche Begründung war zuvor der 2,3fache Satz). Diese Regelung sollte 2 Jahre Bestand haben, bei Härtefällen allerdings dauerhaft. So sollte gewährleistet werden, daß die Eigenbeteiligung der Patienten gegenüber den Vorjahren nicht nennenswert ansteigt, Härtefälle sollten im allgemeinen auch mit der Neuregelung ohne Eigenbeteiligung versorgt werden können.
Da das Wirtschaftlichkeitsbegutachtungswesen in die Festzuschüsse eingearbeitet wurde, sollte fortan diese bürokratische Institution abgeschafft werden. 
Insbesondere aber der Ausschluß der nach 1979 geborenen Patienten von den Festzuschüssen (man begründete dies mit der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Prophylaxeleistungen im Kindes- und Jugendalter und der dadurch besseren Zahngesundheit) ließ die Krankenkassen und weite Teile der Bevölkerung dieses 2. Neuordnungsgesetz (NOG) vehement bekämpfen. Noch bevor in den Januartagen des Jahres 1998 die ersten Abrechnungen nach der Neuregelung überhaupt erstellt waren, berichteten die Medien bereits von "Unregelmäßigkeiten" und starteten die "Abzockerkampagne" gegen die Zahnärzteschaft.
Die Umsätze von Zahnärzten und zahntechnischen Laboratorien gehen steil nach unten.

1999
Nach dem Regierungswechsel zu Rot-Grün wird im Zahnersatzbereich im Rahmen des Solidaritätsstärkungsgesetzes die Regelung vor 1998 wiederhergestellt, jedoch mit 50% Kassenzuschuß in der Stufe "kein Bonus", um rechtlichen Problemen vorzubeugen. Auch nach 1979 geborene gesetzlich Versicherte haben wieder Anspruch auf Zahnersatzleistungen. Die zuvor abgeschaffte Degression im Zahnersatzbereich kommt wieder zum Tragen. In einigen Bundesländern bemißt sich fortan die Menge der Zahnersatzleistungen anstelle der bisherigen Degression an der Anzahl der Befunderhebungen im Quartal.
Die Honorare für Zahnersatzleistungen werden erneut um 5% abgesenkt, für Laborleistungen ebenso. Die Absenkung für kieferorthopädische Leistungen beträgt 10%.

2000
Die Warnung der Vertreter der Zahnärzteschaft, bei weiterhin sinkenden Honoraren könnte die Qualität der Versorgung womöglich nicht aufrechterhalten werden, beantwortet die Politik mit einer Ausweitung der Bürokratie in den Praxen (Qualitätsmanagement etc.). 

2004
Im Jahre 2003 verbrachte Horst Seehofer mit Ulla Schmidt, der Gesundheitsministerin der SPD, nach seinen eigenen Worten "eine der schöneren Nächte seines Lebens". Daraufhin wurde folgendes beschlossen:

-Nachweis der Pflichtfortbildungen für Ärzte und Zahnärzte bei Androhung finanzieller Sanktionen mit einem Punktesystem

-Einführung der Kassengebühr von 10,- € pro Quartal für gesetzlich Versicherte (Abschaffung 2013).
-Begrenzung der Zahl der Zahnsteinentfernungen als Kassenleistung von bisher maximal 8 mal im Jahr auf 1 mal im Jahr.
-Begrenzung der Wurzelfüllungen bei Molaren als Kassenleistung auf diejenigen in geschlossener Zahnreihe (später ergänzt auf die Erhaltung von Molaren zur Vermeidung einer Freiendlücke)
-Streichung weiterer Leistungen, wie physikalischer Maßnahmen bei Wurzelfüllungen, Kurzwellenbestrahlung, der Anfertigung verschiedener Verbindungselemente im Zahnersatzbereich im Rahmen der Einführung eines neuen BEMA- Z 2004. Auch zahnfarbige Verblendungen sollen sich fortan auf die Außenflächen der Kronen beschränken, im Unterkiefer bis zum 1. Prämolaren, im Oberkiefer bis zum 2. Prämolaren. Vollverblendungen auch dieser Zähne sind wie bisher schon Verblendungen im außervertraglichen Bereich ab jetzt nicht mehr Bestandteil des BEMA- Z 2004 und müssen vom Patienten privat bezahlt werden, sowohl die Laborleistung als auch die Krone selbst. Hatte diese Regelung im Jahre 1998 noch heftige Kritik der Medien ausgelöst, wurde nun darüber kaum berichtet. 

-Erneute Honorarabsenkung um 8% für Zahnersatzleistungen und etwa 20 % für kieferorthopädische Leistungen im BEMA-Z 2004 bei Aufwertung von Honoraren für Zahnerhaltungsmaßnahmen (+11%). Leistungen zu Parodontaltherapie wurden um 32% abgesenkt, für Schienentherapien um 22%.
(Die Honorarabsenkungen für Zahnersatz betragen seit 1977 ca. 30%, für kieferorthopädische Leistungen sogar 60%!)

-Einführung eines Festzuschußsystems für Zahnersatzleistungen ab dem Jahre 2005. Die Finanzierung sollte durch einen separat erhobenen Beitrag von den Versicherten erfolgen (kleine Kopfpauschale der CDU/CSU). Rasch aber zeigte sich, daß die Kosten der Erhebung dieser Pauschale die Pauschale selbst weit übersteigen würden; unter anderem hätten die Krankenkassen separate Konten für jeden Versicherten anlegen müssen. Obwohl ca. 90% der Abgeordneten des Bundestages der Regelung zuvor zugestimmt hatten, wurde sie aus den genannten Gründen nicht umgesetzt; statt dessen wurde ein Zusatzbeitrag auf die Kassenbeiträge erhoben, allerdings kein Pauschalbeitrag, sondern ein der Beitragshöhe entsprechender prozentualer Betrag ohne Arbeitgeberbeteiligung. Obwohl dieser zuvor ausdrücklich nach Aussagen der verantwortlichen Politiker für die Finanzierung von Zahnersatz reserviert werden sollte, wurde kurze Zeit später auf Anfrage angegeben, der Beitrag diene keineswegs der Zahnersatzfinanzierung, sondern allgemeinen Aufgaben der Krankenkassen.
Versicherte, die bereits eine private Zahnersatzversicherung abgeschlossen hatten, mußten feststellen, daß sich die Voraussetzungen auf einmal erheblich geändert hatten, und sie waren auf die Kulanz der Versicherung zur Änderung der Vertragsbedingungen angewiesen.

-Die Rechte der Selbstverwaltung werden erneut massiv eingeschränkt. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen erhalten hauptamtliche Vorstände, deren Wahl nur noch formalen Charakter hat. Staatskommissare werden damit überflüssig, die Vertretung freiberuflicher Zahnärzte durch die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen gegenüber den Krankenkassen (zu diesem Zweck waren sie einst geschaffen worden!) geht gegen Null. Dazu passend ist der Spruch von Ulla Schmidt, der Gesundheitsministerin der SPD, es müsse Schluß sein mit der "Ideologie der Freiberuflichkeit". 

(Im 4. Quartal des Jahres 2003 kommt es zur verstärkten Inanspruchnahme der Zahnärzte, da die Patienten die Zahlung der angekündigten Kassengebühr ab 2004 möglichst lange vermeiden wollen. Eine Vorwegnahme der beabsichtigten Einsparungen auf Kassenseite aber ist nicht mehr zu befürchten ("Blüm- Bauch", "Seehofer-Gipfel"), da die Budgetobergrenzen Mehrausgaben der Krankenkassen begrenzen.)

2005
Einführung des mit geringfügigen Modifikationen auch noch im Jahre 2013 geltenden Festzuschußsystems für die Bezuschussung von Zahnersatz bei Versicherten der Gesetzlichen Krankenkassen.
Erneut kommt es im ersten Quartal des Jahres 2005 zu massiven Umsatzverlusten bei Zahnärzten und zahntechnischen Laboratorien, da wieder in der Bevölkerung das Gerücht kursiert, nun müsse Zahnersatz komplett selbst finanziert werden. Das Verweigern einer Übergangsregelung seitens der Politik verschärft die wirtschaftliche Situation in der Dentalbranche. Auch die für Mitarbeiter der Krankenkassen extrem schwierige Handhabung der Festzuschüsse läßt die Bearbeitungszeiten der Kostenpläne bei manchen Krankenkassen auf 6 Wochen anwachsen.

2009
Die Versicherungspflicht wird eingeführt, damit einhergehend der Basistarif für privat Krankenversicherte. Er soll den Betreffenden ermöglichen, bei reduzierten Versicherungsprämien ein Leistungsniveau zu beanspruchen, welches etwa dem für gesetzlich Versicherte entspricht. Basistarifversicherte haben Anspruch auf die Begrenzung des Satzes der Gebührenordnung für Zahnärzte bei der Liquidation auf 2,0 (üblich bei Privatpatienten ist der 2,3- fache Satz).
(Vergleiche der Tarife im Jahre 2013 zeigen aber, daß die von den privaten Krankenversicherungen angebotenen Basistarife oft teurer sind, als die übrigen; Grund dafür ist der zumeist schlechtere Gesundheitszustand Basistarifversicherter auch aufgrund persönlicher finanzieller Probleme.)

2012
Auch nach 23 Jahren des Bestehens der Gebührenordnung für Zahnärzte aus dem Jahre 1988 erfolgte keine Gebührenanpassung. Da die GOZ im Jahre 1988 kostenvolumenneutral umgestellt worden ist, gelten für viele Leistungen noch immer die Gebührensätze des Jahres 1965.
Hinzu kam in den 23 Jahren des Bestehens der GOZ ´88, daß bei deren Inkraftsetzung der Anspruch erhoben wurde, sie beschreibe alle zahnärztlichen Leistungen vollständig, was mitunter zu erheblichen rechtlichen Problemen geführt hatte.
Dieser Anspruch wurde mit der GOZ 2012, die seither in Kraft ist, nicht mehr erhoben, denn bereits kurz nach dem Inkrafttreten der GOZ ´88 erwies sich rasch, daß das Voranschreiten der Forschung neue Leistungen hervorbrachte.

Der Vorschlag der Zahnärzteschaft einer bereits auf wissenschaftlicher Grundlage erarbeiteten Honorarordnung wurde von der Politik rundheraus abgelehnt. Die im Jahre 2012 in Kraft gesetzte Gebührenordnung enthält zwar einige Korrekturen offensichtlich zu niedrig bewerteter Leistungen der GOZ ´88, insbesondere im Zahnersatzbereich, jedoch erfolgte bei den Gebühren im konservierend- chirurgischen Bereich keinerlei Anpassung an die seit 1988 um über 60% gestiegenen durchschnittlichen Praxiskosten.
Mit den über die Jahrzehnte erfolgten Abstrukturierungen im Bereich der Kassenleistungen für Versicherte der Gesetzlichen Krankenkassen hat diese Gebührenordnung für die durchschnittliche zahnärztliche Praxis inzwischen eine weitaus größere Bedeutung erlangt, als es ihre Vorläuferin je hatte.

2013
Nach 9 Jahren wird die Kassengebühr von 10,- € wieder abgeschafft. In seltener Einstimmigkeit hatte der Bundestag zuvor dafür votiert.
Bereits 8 Jahre lang gibt es im Zahnersatzbereich keine größeren Änderungen mehr, allerdings ist es auch schwer möglich, das seit 2005 geltende Festzuschußsystem der Vertrags- und Wahlleistungen noch weiter zu verkomplizieren. (Die Tabelle der Festzuschüsse heißt nicht umsonst offiziell "Schwere Kost für leichteres Arbeiten".)
Eine organisatorische Bewältigung dieses komplizierten Bürokratiemonsters mit 35 Festzuschüssen in jeweils 3 Bonusstufen ist nur EDV- gestützt möglich.


Erläuterungen zum aktuell geltenden befundorientierten Festzuschußsystem für die Versorgung mit Zahnersatz bei Versicherten der Gesetzlichen Krankenkassen

Die vor 2005 (außer im Jahre 1998) geltende prozentuale Bezuschussung von Zahnersatzleistungen durch die Gesetzlichen Krankenkassen hatte zwei entscheidende Nachteile: Wer sich einen höheren Eigenanteil leisten konnte, bekam auch von der Krankenkasse einen höheren Zuschuß für den höherwertigen Zahnersatz. Weiterhin bekam der Versicherte aber überhaupt keinen Zuschuß, wenn er sich für außervertragliche Leistungen entschied. Schon eine dritte Teleskopkrone beispielsweise bewirkte, daß die Krankenkasse überhaupt keinen Zuschuß mehr leistete. Durch die stetigen Abstrukturierungen des BEMA- Z (siehe oben) kam es immer häufiger zu dieser Konstellation, was vom Versicherten zumeist als sehr ungerecht empfunden wurde.
Daher wurde mit der befundbezogenen Festzuschußregelung bezweckt, daß immer der Zuschuß für die Regelversorgung von der Krankenkasse gezahlt wird, egal, für welche Art der Zahnersatzversorgung sich der Patient entscheidet. Die Höhe des Festzuschusses bzw. der Kombination verschiedener Festzuschüsse richtet sich hierbei stets nach dem vorliegenden Befund des Lückengebisses. Zu Details können an dieser Stelle keine Ausführungen gemacht werden, der interessierte Leser kann sich dazu auf den Webseiten der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) informieren. Doch auch ohne tieferen Einblick erscheint klar, daß damit ein Bürokratiemonster geschaffen wurde, das weltweit seinesgleichen sucht. 

Folgende Prinzipien liegen diesem System zugrunde:
-Die Regelversorgung wird nach den mehrfach abgesenkten Gebührenziffern des BEMA- Z 2004 abgerechnet. Der Patient erhält eine Eigenanteilsrechnung, der Festzuschuß hingegen wird ohne Zutun des Patienten mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung abgerechnet. Die Höhe des Eigenanteils liegt je nach Bonusstufe ("kein Bonus", "Bonus nach 5 Jahren regelmäßiger Kontrolle", "Bonus nach 10 Jahren regelmäßiger Kontrolle", wobei das laufende Jahr nicht mitgezählt wird) etwa bei 50%, 40% oder 35% der Gesamtrechnung, Abweichungen sind allerdings manchmal möglich. Da die Preise der zahntechnischen Labors nun entscheidend die Höhe des Eigenanteils beeinflussen, wird immer wieder versucht, mit Billigangeboten aus Fernost die Eigenbeteiligung bis nahe Null zu drücken. (Inwiefern dies praktikabel ohne übermäßig lange Behandlungsdauer und Qualitätseinbußen ist, bleibt auch nach 8 Jahren seit Inkraftsetzung des Festzuschußsystems immer noch abzuwarten. Jedenfalls erfolgte bisher kein Import von Zahnersatz aus Fernost in nennenswertem Umfang. Auch die Etablierung von Praxisketten scheiterte bisher.)

-Die gleichartige Versorgung (z. B. zahnfarbige Verblendungen von Kronen im Molarenbereich) ist mit höheren Eigenanteilen verbunden, da für die zusätzlichen Honorar- und Laborkosten die Gesetzliche Krankenkasse nicht aufkommt. Dennoch wird der Festzuschuß ohne Zutun des Patienten direkt mit der KZV abgerechnet.

-Bei einer andersartigen Versorgung (z. B. Implantate statt Brücke) wird die Gesamtrechnung dem Patienten zusammen mit dem vorher genehmigten Kostenplan ausgehändigt. Der Patient muß den abgerechneten Kostenplan selbst der Krankenkasse zwecks Erstattung des Festzuschusses vorlegen.

-Bei Mischversorgungen gilt, daß ab 50% Privatanteil der Kostenplan vom Patienten bei der Krankenkasse zwecks Erstattung eingereicht wird, ist der Privatanteil geringer, erfolgt die Abrechnung des Festzuschuses über die KZV.

-Härtefälle erhalten Zahnersatz auch ohne Bonus vollständig kostenfrei. (Im Gegensatz zum Jahr 1997 halten sich nun alle Krankenkassen daran.) Voraussetzung ist aber, daß nur Leistungen aus dem BEMA- Z 2004 in Anspruch genommen werden (Regelversorgung). Zugrunde dafür liegt der doppelte Festzuschuß; sollten in Ausnahmefällen die Laborleistungen höher sein, werden diese auch von der Krankenkasse übernommen, vorausgesetzt, es handelt sich nur um für diese Arbeit zulässige Laborleistungen nach BEL. Bei auch nur einer einzigen Privatleistung nach der GOZ 2012 gilt hingegen folgendes: Der Patient als Härtefall erhält den doppelten Festzuschuß und muß den darüber hinausgehenden Teil der Rechnung als Eigenanteil selbst tragen. (Auch bei Härtefällen soll nun jegliche Bevormundung des Patienten seitens der Krankenkassen unterbleiben.)

-Reparaturen können genehmigungsfrei erfolgen, die Höhe des Festzuschusses nach Bonushöhe darf von der abrechnenden Praxis selbst festgestellt werden.
Beansprucht der Patient aber, Härtefall zu sein, so obliegt diese Feststellung nur der Krankenkasse und der Kostenplan bedarf vor Abrechnung der Genehmigung durch die Kasse.

Besonderheiten: 
-Wird ein Stiftaufbau in eine noch im Munde sich befindliche Krone zwecks Reparatur nach einer Wurzelfüllung eingefügt, bedarf diese Maßnahme der vorherigen Genehmigung durch die Kasse. Wird die Krone hingegen mit dem Stiftaufbau wiederbefestigt oder eine Facette im kassenüblichen Verblendbereich mit repariert, braucht der Kostenplan der Kasse vorher nicht vorgelegt zu werden.


-Alle Verbindungselemente von kombiniert festsitzendem und herausnehmbarem Zahnersatz sind nicht mehr als Kassenleistung im BEMA- Z 2004 enthalten, nur noch Teleskop- bzw. Konuskronen, die allerdings nur noch auf Eckzähnen und ersten Prämolaren eingegliedert werden dürfen. (Da diese Verbindungselemente im Ausland fast nie zur Anwendung kommen, heißen sie dort auch "German crown".) Um den Festzuschuß für 2 dieser Kronen zu erhalten, müssen nach den zu teleskopierenden Zähnen mindestens zwei weitere fehlen und zwar auf beiden Kieferseiten. Sollte sich in diesem Bereich noch ein Zahn befinden, bekommt der Patient diesen recht hohen Festzuschuß nicht, da könnte es durchaus naheliegen, aus pekuniären Gründen diesen Zahn zu extrahieren ...

-Drei Teleskope auf anderen als den zuvor genannten Zähnen sind nur dann mit Festzuschuß möglich, wenn es sich um die letzten 3 Zähne im Kiefer handelt.

-Im Gegensatz zur Reform von 1993 gibt es Festzuschüsse für Brückenversorgung nur dann, wenn maximal 4 Zähne pro Kiefer ersetzt werden sollen, andernfalls gelten niedrigere Festzuschüsse für herausnehmbare Prothesen.

Verbesserungen seit 2005:
-Zunächst durften nur die Eckzähne mit Teleskopkronen versehen werden, mittlerweile auch die ersten Prämolaren.
-Zunächst durfte bei Notwendigkeit des Festzuschusses für eine herausnehmbare Prothese auch im Gegenkiefer nur der Festzuschuß für eine herausnehmbare Prothese angesetzt werden, selbst wenn die Zahl der zu ersetzenden Zähne kleiner als 4 war. Diese Regel wurde inzwischen ersatzlos gestrichen, es sind im Gegenkiefer nun auch Festzuschüsse für Brücken möglich.

Bonusregelung:
Wie schon mehrfach erwähnt, gelten drei Bonusstufen:
1. Kein Bonus
2. Bonus bei Nachweis fünfjähriger durchgängiger zahnärztlicher Kontrollen, das laufende Jahr zählt nicht mit.
3. Bonus bei Nachweis 10- jähriger regelmäßiger Kontrollen.

Sollte auch nur in einem Jahr keine Kontrolluntersuchung stattgefunden haben, beginnt die Zählung von vorn. Da nur eine Kontrolle im Halbjahr abgerechnet werden kann, zwischen den Kontrollterminen aber mindestens 4 Monate liegen müssen, kann es durchaus vorkommen, daß trotz Zahnbehandlungsmaßnahmen in einem Jahr keine Kontrolle durchgeführt werden konnte und der Termin für die Kontrolle anschließend versäumt wurde.

Ab 2020 soll zur Vermeidung bürokratischer Härten diese Regelung weniger streng gehandhabt werden:
Es zählen bei Nachweis regelmäßiger Kontrollen nun auch Zahnarztbesuche ohne explizite Untersuchung.

Da das Festzuschußsystem 35 Festzuschüsse in 3 Bonusstufen enthält, die miteinander teilweise kombiniert werden, ist eine Schätzung des voraussichtlichen Eigenanteils von Zahnersatzleistungen nicht mehr möglich; erst nach EDV- gestützter Erstellung des Kostenplanes können dazu Aussagen getroffen werden.

Übernahme von Fahrtkosten:
Mit dem 2. Neuordnungsgesetz 1997 trat folgende Regelung für die Übernahme von Fahrtkosten durch die Krankenkassen bei Gehbehinderung etc. in Kraft: Die Zahnbehandlung muß Ursache für die Transportnotwendigkeit sein und nicht deren Anlaß. Wenn also ein Patient aufgrund Gehbehinderung oder Krankheit die Praxis nur mit einem Krankentransport aufsuchen kann, so dürfen hierfür die Transportkosten nicht der Krankenkasse in Rechnung gestellt werden, auch nicht in Härtefällen. Nur wenn durch die Zahnbehandlung selbst der Patient in der Folge so beeinträchtigt ist, daß er nur mit Krankentransport oder Taxi nach Hause kommen kann, dürfen die Kosten hierfür der Krankenkasse übertragen werden. In der ambulanten Zahnarztpraxis kommt dieser Fall aber praktisch nicht vor.
Daher mußte diese Regelung entschärft werden, was allerdings erst Jahre später geschah:

Mit Beginn des Jahres 2019 ist es auch Zahnärzten wieder gestattet, Transportscheine für Patienten mit Pflegegrad auszustellen, ohne daß es einer vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse bedarf.



Quellenangaben:
www.bema-goz.de
Wikipedia
Eigene Aufzeichnungen aus zahnärztlicher Berufsausübung